Verfahrensarten
Die andauernde globale Finanzkrise hat die wichtige Bedeutung von professioneller Immobilienbewertung in Deutschland bemerkenswert unterstrichen.
Die weltweite Rezession fand ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und basierte insbesondere auf fehlerhaften Immobilienwertermittlungen. Aufgrund von stetig steigenden Immobilienpreisen erfolgten zu optimistische Markteinschätzungen und es bildete sich eine Immobilienpreisblase, deren Platzen die weltweite Konjunktur erschütterte.
Die Folgen wurden in Deutschland deutlich gespürt. (Anm. 1)
Im Gegensatz zu anderen bedeutungsvollen Immobilienmärkten der Welt wie beispielsweise Amerika, England oder Spanien erwies sich der nationale Immobilienmarkt bedeutend stabiler und es platzte keine Immobilienblase beziehungsweise es existierte keine Immobilienblase in Deutschland. Diese Verlässlichkeit wird im Übrigen von ausländischen Investoren sehr geschätzt.
Im internationalen Vergleich nimmt die deutsche Wertermittlung eine führende Position ein.
Eine wichtige Komponente dieses Erfolges ist die gesetzliche Verordnung zur Kaufpreissammlung und Auswertung von jedem notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag durch den jeweiligen örtlichen Gutachterausschuss der Gemeinde. Eine solche gesetzliche Vorschrift ist international nicht die Regel. (Anm. 2)
Die Basis für die stabile deutsche Wertermittlung, so dass sich keine Immobilienblase entwickelte, stellte die Wertermittlungsverordnung (WertV) dar. Sie fokussierte sich stets auf das tatsächliche Marktgeschehen ohne die Einbindung von spekulativen beziehungsweise prognostischen Wertermittlungsmethoden. (Anm. 3)
Ertragswertverfahren (WertV)
§ 17 Ermittlung des Ertragswerts
(1) Im Ertragswertverfahren wird der Ertragswert auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge ermittelt. Soweit die Ertragsverhältnisse absehbar wesentlichen Veränderungen unterliegen oder wesentlich von den marktüblich erzielbaren Erträgen abweichen, kann der Ertragswert auch auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge ermittelt werden.
(2) Im Ertragswertverfahren auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge wird der Ertragswert ermittelt.
Sachwertverfahren (WertV)
§ 21 Ermittlung des Sachwerts
(1) Im Sachwertverfahren wird der Sachwert des Grundstücks aus dem Sachwert der nutzbaren baulichen und sonstigen Anlagen sowie dem Bodenwert (§ 16) ermittelt; die allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt sind insbesondere durch die Anwendung von Sachwertfaktoren (§ 14 Absatz 2 Nummer 1) zu berücksichtigen.
(2) Der Sachwert der baulichen Anlagen (ohne Außenanlagen) ist ausgehend von den Herstellungskosten (§ 22) unter Berücksichtigung der Alterswertminderung (§ 23) zu ermitteln.
(3) Der Sachwert der baulichen Außenanlagen und der sonstigen Anlagen wird, soweit sie nicht vom Bodenwert miterfasst werden, nach Erfahrungssätzen oder nach den gewöhnlichen Herstellungskosten ermittelt. Die §§ 22 und 23 sind entsprechend anzuwenden.
Vergleichswertverfahren
§ 15 Ermittlung des Vergleichswerts
(1) Im Vergleichswertverfahren wird der Vergleichswert aus einer ausreichenden Zahl von Vergleichspreisen ermittelt. Für die Ableitung der Vergleichspreise sind die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen. Finden sich in dem Gebiet, in dem das Grundstück gelegen ist, nicht genügend Vergleichspreise, können auch Vergleichspreise aus anderen vergleichbaren Gebieten herangezogen werden. Änderungen der allgemeinen Wertverhältnisse auf
dem Grundstücksmarkt oder Abweichungen einzelner Grundstücksmerkmale sind in der Regel auf der Grundlage von Indexreihen oder Umrechnungskoeffizienten zu berücksichtigen.
Seine praktische Bedeutung ist wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der heranzuziehenden Objekte hinsichtlich sämtlicher wertbeeinflussender Umstände – namentlich ihrer Eigenschaften, sonstigen Beschaffenheit, Lage und des vergleichbaren Marktgeschehens – sehr gering.
Die in Zeitungsangeboten enthaltenen Kaufpreisforderungen liegen nach einer Untersuchung von Streich je nach Verkäuflichkeit (bzw. Marktgängigkeit) zwischen 10 und 20 % über den später tatsächlich realisierten Verkaufspreisen. (Anm. 4)
Bei sämtlichen Wertermittlungsverfahren sind alle, das Bewertungsgrundstück betreffenden sonstigen wertbeeinflussenden Umstände sachgemäß zu berücksichtigen. Dazu zählen:
- Abweichungen vom normalen baulichen Zustand infolge unterlassener Instandhaltungsaufwendungen oder Baumängeln und Bauschäden, soweit sie nicht bereits durch den Ansatz eines reduzierten Ertrags oder durch eine gekürzte Restnutzungsdauer berücksichtigt sind
- wohnungs- und mietrechtliche Bindungen (z.B. Abweichungen von der ortsüblichen Miete)
- Nutzung des Grundstücks für Werbezwecke
- Abweichungen in der Grundstücksgröße, wenn Teilflächen selbständig verwertbar sind (Anm. 4)
Residualwertverfahren (Restwertmethode)
Der Residualwert wird auch Investorenmethode genannt. Er dient der Ermittlung des maximalen Bodenkaufpreises. In der Regel wird dieses Verfahren im Rahmen der Projektentwicklung eingesetzt, wenn ein Investor wissen möchte, welchen maximalen Grundstückspreis er zahlen kann, um das Projekt wirtschaftlich zu realisieren.
Text- und Internet-Quellen:
Anm. 1 Vgl. www.iwp.uni-koeln.de (Stand: 22.02.2011)
Anm. 2 Vgl. Kleiber (2010), S. 6. ImmoWertV
Anm. 3 Vgl. Kleiber (2010),
Anm. 4 Schubert, öffentl. best. und vereidigter Sachverständiger, Köln
(1-3) Karodi, Immobilien und Wertermittlungen, Sankt Augustin, www.karodi.de